KÖPFE DER GEGENWART

Schreibmaschine
 

TEXT: BJÖRN BRÜCKERHOFF
BILD: JÖRG SCHIEB



Im Januar 1999 sprach Björn Brückerhoff mit Jörg Schieb, Moderator, Kolumnist, Buchautor und Computerspezialisten über seine Anfänge in der Medienwelt, seine Ideen und Ziele und seine Vorstellung vom optimalen Arbeitsplatz.

Brückerhoff: Herr Schieb, woher kommt ihr Interesse für die Medien?

Jörg Schieb: Ich kann mich gut erinnern, dass ich in der Grundschule mal einen Aufsatz geschrieben habe über die Unterschiede von Radio und Fernsehen. Und zwar als eine Art Streitgespräch zwischen zwei Geräten, die ausgeschaltet im Wohnzimmer stehen. Offensichtlich habe ich mir also schon sehr früh ein paar Gedanken darüber gemacht, wie Medien funktionieren. Aber nicht wirklich bewusst. Für Computer interessiere ich mich seit meinem 14. Lebensjahr. An meiner Schule standen erste, sündhafte teure Computer herum, mit denen ich mich beschäftigen konnte. Das Interesse für Medien ist dann mit der Zeit gekommen, als ich für viele unterschiedliche Medien gearbeitet habe.

Brückerhoff: Wie schreibt Jörg Schieb ein Buch?

Jörg Schieb: Die Entstehungsgeschichte von Büchern ist nicht immer dieselbe. Manchmal haben die Verlage Ideen und kommen auf mich zu, manchmal ist es umgekehrt. Dann wird geprüft, ob das Buch grundsätzlich Marktchancen hat und ob es thematisch in mein Umfeld paßt. Nachdem dann ein Vertrag geschlossen und ein Abgabetermin vereinbart wurde, mache ich mich an die Arbeit. Je nachdem, um welches Buch es sich handelt, hole ich dann einen meiner beiden Co-Autoren mit ins Boot. Wir machen ein Feinkonzept und fangen an zu schreiben. Wichtig ist, daß das Thema Spaß macht und daß es einen Markt dafür gibt. Natürlich muß das Thema auch zu mir passen...

Brückerhoff: Und wie lange schreiben Sie an einem Buch?

Jörg Schieb: Das hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, ob es ein ganz neues Thema ist -- dann ist natürlich mehr Recherche notwendig. Aber auch der Umfang spielt eine Rolle und der Stil. Für die meisten Bücher brauche ich zwischen zwei und vier Monate, natürlich im Team. Dabei darf man nie vergessen: Es gibt immer eine Menge "nebenbei" zu tun, die journalistische Arbeit eben.

Brückerhoff: Hatten Sie Vorbilder für Ihre Arbeit?

Jörg Schieb: Mein Redakteur bei der FAZ, Hans-Heinrich Pardey, ist ein begnadeter Schreiber, der geschliffen und witzig formulieren kann. Ich bewundere ihn dafür -- ja, er war mit Sicherheit sehr lange ein Vorbild. (Ich bewundere ihn natürlich noch immer.) Aber einem Vorbild nachzueifern, das halte ich für wenig erfolgversprechend. Deshalb habe ich zwar immer geguckt, wer seine Arbeit besonders gut macht -- und versucht, daraus zu lernen. Diese Leute als Vorbilder zu bezeichnen, wäre aber übertrieben, eben weil ich nicht versucht habe, ihn ihre Fußstapfen zu treten.

Brückerhoff: Welches technische Gerät / welche technologische Entwicklung hat Ihr Leben am meisten beeinflusst?

Jörg Schieb: Nun, das Internet hat mein Leben ganz schön umgekrempelt. Zum einen schreibe ich plötzlich jede Menge E-Mails, bekomme weniger Faxe (zum Glück), recherchiere ganz anders und schreibe auch über andere Themen als vorher. Das alles betrifft natürlich mein Berufsleben. Ich bin aber kein Technik-Fetischist. Ich muss nicht immer die neuesten Hifi-Geräte zu Hause stehen haben, brauche auch keinen überdimensionalen Fernseher bei mir zu Hause im Keller und keinen Sportwagen. Obwohl ich mich für Technik interessiere, bin ich der Auffassung, dass sie funktionieren muss. Sie sollte uns einen Dienst erweisen. Ein Auto, das schön aussieht, aber ständig kaputt geht, ist nichts für mich. Und ein Computer sollte auch funktionieren. Und das wird -- gottlob -- auch irgendwann mal so weit sein. :)

Brückerhoff: Wohin wird sich das Internet entwickeln?

Jörg Schieb: Das ist schwer zu sagen. Aber es wird mit Sicherheit billiger und schneller. Muss es auch, denn die Ansprüche, die wir damit verbinden, wachsen rasant. Der Bedarf nach mehr Bandbreite, um mal einen technischen Ausdruck zu verwenden, ist ja ständig vorhanden. Ganz wichtig ist, dass alle Zugang zum Internet bekommen. Es muss also nicht nur günstiger, sondern auch einfacher werden. Aber da bin ich hoffnungsfroh. Ansonsten wird sich das Internet zum vielleicht wichtigsten Medium in unserem Leben aufschwingen, es wird die Zeitung, die Zeitschrift und auch das Fernsehen in der Bedeutung überrunden, nicht ersetzen oder killen, aber übertreffen. Das wird gar nicht so lange dauern, vielleicht fünf bis zehn Jahre.

Brückerhoff: Welches technische Gerät fehlt der Welt noch?

Jörg Schieb: Eines, das Dummheit und Engstirnigkeit verhindert. Aber so etwas wird es wohl nie geben. Grundsätzlich fände ich es prima, wenn wir à la Raumschiff Enterprise unsere Reisezeiten auf ein Minimum verkürzen könnten, durch Beamen etwa. Das ist natürlich eine Phantasterei.

Brückerhoff: Worauf könnten Sie im Internet am leichtesten verzichten?

Jörg Schieb: Auf Werbe-E-Mails. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich irgend jemand für den Inhalt dieses Werbemülls interessiert. Trotzdem werden wir jeden Tag damit zugeschüttet. Es ist grauenvoll und eine Zumutung.

Brückerhoff: Was lieben Sie am Internet?

Jörg Schieb: Das Internet ist ein sagenhaftes Medium: Ich kann jederzeit und von überall darauf zugreifen und mir die Informationen besorgen, die ich brauche (wenn es sie denn gibt).Am meisten fasziniert mich aber, daß jeder zum "Verleger" werden kann, wenn er denn möchte. Jeder kann für wenig Geld eine Homepage einrichten. So einfach war es noch nie, sich weltweit Gehör zu verschaffen. Ob das für die Öffentlichkeit von Interesse ist, das ist natürlich eine ganz andere Frage.

Brückerhoff: Was ist für Sie "Internet-Kultur"?

Jörg Schieb: Von den Ursprüngen des Internet ist nicht mehr sooo viel zu spüren, aber sie sind gottlob immer noch vorhanden. Der freundliche, höfliche, faire, nicht auf Nationalitäten schielende Umgang miteinander -- das ist Internet-Kultur. Man hört sich an, man hilft sich, man fühlt sich wie eine Gemeinschaft. Ganz wichtig ist auch die Redefreiheit. Das Internet hat da schon eine Menge geleistet. Zensur wird zwar immer wieder versucht, ist aber nirgendwo so schwierig wie im Internet. Und das ist auch gut so.

Brückerhoff: Was tun Sie, wenn der Strom ausfällt?

Jörg Schieb: Wenn der Strom ausfällt? Nun, das hängt natürlich davon ab, was ich vorher gemacht habe und wie lange der Strom wegbleibt. Vielleicht schlafe ich einfach weiter? Oder ich gehe eine Runde spazieren, kuschel mit meiner Freundin (wenn sie da ist) oder lese Bücher und Zeitschriften, falls es nicht zu dunkel ist. Es gibt genügend Dinge zu tun, die ohne Strom funktionieren.

Brückerhoff: Wie schaffen Sie es, mit 34 Jahren über 100 Werke veröffentlicht zu haben?

Jörg Schieb: Seit 1984 schreibe ich Computerbücher -- das sind schon fast 15 Jahre. Viele der Bücher sind thematisch ähnlich gelagert, denken Sie nur an die vielen Bücher über Windows, da ist der Rechercheaufwand für das einzelne Buch natürlich nicht so groß. Die Unterschiede der Bücher liegen dann in Ausstattung und Zielgruppe. Ansonsten sind effizientes Arbeiten und Erfahrung natürlich sehr wichtig. Nach so vielen publizierten Titeln versteht man halt sein Handwerk.

Brückerhoff: Haben Sie einen Traumjob?

Jörg Schieb: Ja. Ich habe den optimalen Beruf: Ich habe freie Arbeitszeiten, kann ungeniert meine Neugierde befriedigen, komme mit vielen Leuten zusammen und kann reisen, ich beschäftige mich mit Themen, die mich interessieren und die mir liegen und werde auch noch gut dafür bezahlt -- was könnte ich mehr wollen? Als freier Journalist habe ich die Freiheit, mit verschiedenen Redaktionen und Medien zu arbeiten und mir die Themen selbst auszusuchen (natürlich im Rahmen). Das ist wunderbar. Ich könnte es mir wirklich nicht besser vorstellen.

Brückerhoff: Und jetzt sind Sie auch noch im Fernsehen.

Jörg Schieb: Bevor ich zum WDR Fernsehen gekommen bin, habe ich schon eine Weile Radio gemacht, ich habe über neue Programme und Trends berichtet, für den WDR und für das Deutschlandradio Berlin. Dann habe ich in der Aktuellen Stunde des WDR Fernsehen mal über Windows 95 berichtet -- als Studiogast, weil ich zur Markteinführung in den USA war. Anschließend hat sich die Redaktion überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, in der Vorweihnachtszeit eine Art "Computer-Service" anzubieten. Die Zuschauer sollten Gelegenheit haben, Fragen zu stellen. Vor allem aber sollten aktuelle Programme vorgestellt werden... Das hat sich zum Dauerbrenner entwickelt. Seit Oktober 1995 senden wir jede Woche eine Folge von Angeklickt. Die Rubrik kommt prima an und macht auch jede Menge Spaß. Wir sind stolz darauf, die erste Magazinsendung im deutschen Fernsehen zu sein, die sich dieses Themas mit dieser Regelmäßigkeit angenommen hat. Und die Zuschauer nehmen dieses Angebot sehr gerne an. Wir freuen uns über sehr viel Feedback.





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