GLOBALES NETZWERK

Google News - ein mediales Wunderprodukt?


TEXT: DANIEL SKODA
BILD: GOOGLE
 

Google überall. Im anglo-amerikanischen Sprachraum hat das Internet-Erfolgsunternehmen jetzt seinen Nachrichtenableger „Google News“ gestartet. Die Suchmaschine Google, die sich ähnlich wie IKEA ein profitables und sympathisches Underdog-Image zugelegt hat, bringt damit die akuellen Top-Stories auf den Computer-Bildschirm – vollautomatisch, ohne die Beteiligung von Redakteuren.

Da man im Geschäft der Internet-Suchmaschinen und Portale mit dem Blick über den großen Teich die künftigen Entwicklungen diesseits des Atlantik vorhersehen kann, wird die deutsche Version des Produkts mit Spannung erwartet. Erste Tests des Originaldienstes in den USA haben gezeigt, dass das vollautomatisch betriebene Google News mehr aktuelle Top-Stories bringt als der von Redakteuren betriebene News-Bereich des Portals Yahoo.

Wie typisch für Google werden die Vorschusslorbeeren reichlich verteilt. Man denke an ein automatisch laufendes Nachrichtensystem, das einmal eingerichtet, immer die aktuellsten Meldungen parat hat und die Konkurrenz dabei deutlich schlägt – obwohl diese ihre besten Leute daran gesetzt hat.

Dabei darf man sich doch zunächst einmal die Frage stellen, ob das System von Google News so brillant ist, oder ob die von dem System bedrängten Redakteure nur so schwach sind. Wenn man sich durch die aktuellen Medienlandschaft bewegt, ist schon frappierend, wie sich die Meldungen allerorten gleichen. Es scheint nur darum zu gehen, mit dem, worüber sowieso alle sprechen, der Schnellste zu sein oder schlimmer noch der mit dem besten Effekt.

In diesem System des so gleichgeschalteten Medienapparats spielt Google News also eine zweifelhafte Rolle. Es ist nicht das primäre Problem dieses Services, sondern das der Journaille an sich: Einheitsgeschrei, unreflektierte Meldungsverwurstung und oberflächliche Schnelllebigkeit, wo der kritische, überlegte Kommentar keinen Platz mehr findet.

Die spezifischen Probleme von Google sind anders gelagert. Das Underdog-Image ist ganz nützlich; noch hat kaum einer gemerkt, dass Google genauso darauf aus ist, Werbung zu verkaufen, wie alle anderen Anbieter in diesem Segment (man beachte die Werbekästchen rechts am Rand neben den eigentlichen Suchergebnissen). Es ist auch nicht weiter bekannt, dass andere Suchmaschinen genauso gut oder stellenweise besser sind als Google (wie zum Beispiel die Suchmaschine AlltheWeb.com). Doch es wird langsam deutlich, dass das bisherige offene Erfolgs-„Geheimnis“ von Google, das Page-Rank-System (eine Seite wird für um so relevanter befunden, je mehr sie von anderen referenziert wird) den gleichen systemimanenten Konzeptionsfehler beinhaltet wie das News-Angebot: was ohnehin schon alle für gut und wichtig erachten, wird als genau das präsentiert, doch was neue Erkenntnisse betrifft, so haben diese nur geringe Chancen, durch das knallharte Popularitätsgitter zu kommen, denn eine echte Bewertung inhaltlicher Qualität findet nicht statt. Bei der aktuellen Marktmacht des Unternehmens ist das nicht zu unterschätzen. Es birgt vor dem Hintergrund, dass der Börsengang hier noch bevorsteht und Interessen verschiedenster Investoren noch gar nicht berücksichtigt sind, sogar erhebliche Missbrauchsgefahren.

Hinzu kommt, dass die lokalen Ableger von Google in den einzelnen Ländern zentral aus USA betreut werden. Man kann das an kleinen sprachlichen Ungereimtheiten erkennen. Vor Ort (das betrifft natürlich auch Deutschland) sitzt niemand, der sich speziell um die Suchergebnisse (oder News) aus dem deutschsprachigen Internet kümmert. In den regionalen Länderbüros sitzen lediglich Vertriebsleute, die sich um die bezahlte Werbung kümmern. Für ein landesbezogenes Nachrichtenangebot scheint das höchst problematisch.

Macht man sich dann noch bewusst, wie Google in den USA in die Schlagzeilen geraten ist, weil man die Seiten von Scientology-Gegnern wegen angeblicher Copyright-Verletzungen aus seinen Suchergebnissen entfernt hat, sind die Vorschusslorbeeren schnell aufgezehrt.

 



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