Regeln für das gute Leben

TEXT: JONS MAREK SCHIEMANN
BILDER: PHOTOCASE.DE




Gerade wenn etwas verkehrt läuft in der medialen Berichterstattung und die Meinung vorherrscht, dass der gute Geschmack verletzt werde, wie z.B. bei „Big Brother“ oder in der letzteren Zeit mit der Diskussion um Schill in Hamburg und das Verhältnis zwischen der medialen Berichterstattung und der Privatsphäre von Politikern, ist der Ruf laut. Dieser Ruf schallt aber eher in den Wald hinein und trifft dort auf mannigfache Bäume. So versickert er und wandert von Baum zu Baum ohne etwas zu klären. Wenn der Ruf nach Ethik und Moral ertönt, so bleiben diese Begriffe doch eher unklar und jeder versteht etwas anderes unter diesen oder was dann genau ethisch und moralisch ist. Dabei läuft die Diskussion in Gefahr zu versickern und Konsequenzen bleiben aus. Im folgenden sollen die Begriffe der Ethik, der Moral und der Norm etwas näher betrachtet werden.

Der Begriff der Ethik stammt von Aristoteles. Ethik bezeichnet eine praktische Philosophie, die versucht eine Antwort zu formulieren auf die Frage „Was sollen wir tun?“. Es verhält sich ethisch, wer sein Leben gemäß für gut erachteter Werte einrichten will. In Verfolgung dieses Zieles ist die Handlung des einzelnen unter Ethik zu betrachten.

AUSGABE 34
SCHWERPUNKT MEDIENMORAL




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EDITORIAL VON BJÖRN BRÜCKERHOFF
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Diese für gut erachteten Werte aber, die das Ziel des Handelns sind, werden von der Moral formuliert. Ist die Ethik mehr auf den einzelnen bezogen, stellt die Moral die universalistische Frage nach dem guten Leben aus der Sicht aller. Ist also das generelle Prinzip. Sie bietet somit eine Handlungsanleitung, indem sie Grundsätze in Form eines allgemeinen Gesetzes formuliert. Ethik bezieht sich also auf das konkret richtige Handeln. Moral stellt die Voraussetzungen oder Regeln des richtigen Handelns zur Verfügung.

ARISTOTELES

Die biblischen zehn Gebote mögen hier als Beispiel dienen. Die formulierten Gebote sind die übergeordnete Moral, die eine Handlungsanleitung bieten. Derjenige der nach diesen Regeln handelt verhält sich ethisch.

Abgeleitet von der Ethik und damit auch von der Moral ist die Norm. Normen sind eine Richtschnur, die in der Moral beansprucht und im Recht und Gesetz festgelegt werden. Sie bezeichnen also das, was auf jeden Fall getan werden soll. So werden die zehn Gebote als moralische Instanz und ethische Regeln per Gesetz festgelegt und unter Strafe gestellt bei einer Nichtbeachtung, wie z.B. „Du sollst nicht töten“. Eine andere moralische Instanz wären die Menschenrechte, welche in Demokratien in der Verfassung formuliert sind oder sein sollten. Solche Rechte wie das Recht der persönlichen Entfaltung oder die Gleichheit sind moralische Prinzipien, die das Handeln regeln und von der Norm als Gesetz geschützt werden wie z.B. der Schutz der persönlichen Ehre oder das Recht am eigenen Bild.  

Bliebe es bei dieser einfachen Unterteilung, könnten wir alle zufrieden sein. Allerdings erzwingen die Umstände, der historische Kontext und die Entwicklung der Menschen auch ein Umdenken bei der Moral, der Ethik und der Normen. So ist das Menschenrecht der Religionsfreiheit in der Verfassung festgeschrieben und per Gesetz normiert (wie aktuell das „Kopftuch-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts). Dieses steht allerdings im Widerspruch zu dem Gebot: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ Alles ist im Fluss und es wäre auch traurig wenn keine Entwicklung stattfinden könnte.

Auch die Ethik steht nicht fest. So können zwei große unterschiedliche Richtungen der Ethik unterschieden werden. Da wäre zum einen die deontologische Ethik. Diese Pflichtethik beruht auf dem kategorischen Imperativ von Kant. Demnach folgt Handeln nach Regeln, die wir als allgemeine Gesetze wünschen und zwar ohne Berücksichtigung der Umstände in denen das Handeln erfolgt und keine Ausnahmen gelten. Das Wesen des Handelns an sich entscheidet über richtig oder falsch und ist prinzipiell unabhängig von den Folgen. Solche deontologische Regeln sind also vom Kontext unabhängige Normen, die jederzeit und überall Gültigkeit besitzen.

Die teleologische Ethik (auch Zielethik genannt) hingegen beruht auf dem Utilitarismus unter anderem von Jeremias Bentham und betrachtet das Handeln unter dem Aspekt der Folgen für die größte Zahl. Hier steht also das Ziel für die Gesellschaft im Mittelpunkt. Entscheidungen werden demnach nach der Zweckmäßigkeit getroffen, wobei letztlich die Handlungsfolgen und nicht das Handeln selbst über richtig und falsch entscheiden. Gutes Handeln ist mit nützlichem Handeln gleichgesetzt.

Heiligt im letzteren Fall der Zweck die Mittel, ist im ersteren Fall schon das Handeln selbst ethisch zu betrachten. Würde die Zielethik auch Tierversuche bejahen, weil sie angeblich großen Nutzen für die Allgemeinheit bringe, so würde die deontologische Ethik diese Handlung selbst als unethisch ansehen und demnach auch das Ziel. 

Unabhängig von diesen beiden größeren Richtungen der Ethik (die selbstverständlich nicht alle Theorien abdecken) kann man auch auf einer kleineren Ebene Unterscheidungen treffen und zwar die Individualethik, die Professionsethik und die Institutionenethik.

Die Individualethik bezieht sich auf moralische Verhaltensregeln für jeden einzelnen. Je nach persönlichem Glauben (Christen z.B. sollten die zehn Gebote verfolgen), politischem Verständnis (demokratisch, kommunistisch, totalitär) oder persönlichen Erfahrungen werden ethische Regeln aufgestellt, die verfolgt werden. Können diese prinzipiell mit anderen kollidieren, so ist das Gesetz dafür zuständig die verschiedenen ethischen Grundlagen anzunähern. Das ermöglicht erst das Zusammenleben und ist wohl ein Hauptfaktor der Zivilisation.

Die Professionsethik ist mit einer Standesethik gleichzusetzen, welche das berufliche Verhalten in der Gruppe berechenbar machen soll. Der Pressekodex zum Beispiel beinhaltet die Regeln der Berufsethik von Journalisten. Er soll auch gewährleisten, dass die öffentlichen Aufgaben des Journalismus wie Information, Bildung, Unterhaltung aber auch Kontrolle und Kritik der Gesellschaft sowie der Regierung wahrgenommen werden kann.

Mit dieser eng verwoben ist die Institutionenethik, die Maßstäbe für die Betriebe setzt und die deren Verantwortliche beachten sollen. So schön es wäre, wenn diese Regeln von jedem einzelnen verinnerlicht wären, denn dann würde jedes Nachdenken darüber müßig und nicht so viel diskutiert, so gibt es aber Zwänge die der Ethik entgegengesetzt sind. Faktoren, die es jedem einzelnen nicht immer möglich machen ethisch zu handeln. Im Medienbereich sind das vor allem die Kommerzialisierung (Gute Quoten bringen mehr Werbeeinnahmen und der Kampf um die Exklusivität der Nachricht lässt manche Regeln vergessen), die Konzentrationsprozesse (viele Zeitungen in der Hand eines Verlegers, der die Richtung bestimmen kann und die politische Ausrichtung des Blattes je nach persönlicher Anschauung nutzt), die journalistische Kompetenz der einzelnen Journalisten und damit die Glaubwürdigkeit der Handelnden als auch des Mediums, sowie die Privatisierung (z.B. die privaten Fernsehsender in den Händen einzelner wie Berlusconi in Italien), die wiederum eng mit der Kommerzialisierung zusammenhängt.

Diese entgegengesetzten Zwänge machen  auch den Pressekodex notwendig.

Journalisten und andere Medienschaffende sowie im Grunde alle Mitglieder einer Gesellschaft müssen Verantwortung übernehmen für ihr Handeln und deren Folgen im Rahmen der Institutionen. Es geht nicht an, dass man sich hinter den Zwängen versteckt und alle Schuld in einem psychologischen Verdrängungsmechanismus von sich weist. Man ist selbst verantwortlich für das was man tut und was daraus folgt. Und danach sollte gehandelt werden.



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