„Die Welt ist kein Spielzeug


Interview: Stephan Lenhardt  Bild: IUFM

Philippe Meirieu 55, ist einer der gefragtesten Pädagogen Frankreichs. Als Lehrer, Journalist, Wissenschaftler und Institutsdirektor arbeitete er in einer Vielzahl von Funktionen. Sein Hauptinteresse, die Pädagogik, verlor er dabei nie aus dem Blick. Von 1980 bis 1986 war er Chefredakteur der „Cahiers pédagogiques, seit 1987 lehrt Meirieu als Professor für Erziehungs-wissenschaften an der Universität Lyon Lumière. 1993 ist er zum Direktor des Instituts „des Sciences et Pratiques d'Éducation et de Formation (ISPEF)“ berufen worden. Vier Jahre später betraut ihn der französische Kultusminister mit der Gründung eines Komitees zur Reform des französischen Schulsystems. 1998 übernimmt Meirieu schließlich den Direktorenposten des Nationalen Instituts für Pädagogik. Seit 2001 leitet er das „l'Institut Universitaire de Formation des Maîtres (IUFM) in Lyon.

In der Gegenwart spricht
Meirieu über Medienwirkungen, die Medienrealität und ihre Folgen auf Jugendliche. Aus seinen großen Bedenken gegenüber den aktuellen Entwicklungen im Fernsehen macht er dabei keinen Hehl.

AUSGABE 41
DIE GEGENWART FÜR KINDER




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EDITORIAL VON BJÖRN BRÜCKERHOFF
INTERVIEW MIT JUTTA LIMBACH

DIE SESAMSTRASSE
ZIGEUNER IM BAHNWAGGON
FÜHRERSCHEIN MIT FÜNF?
DIE WELT IST KEIN SPIELZEUG

WILDE KERLE UND WUNSCHFEEN
SEHR FRÜH ÜBT SICH
TAGESSCHAU KINDERLEICHT
AMPUTIERTE KLASSIKER
JUGENDMEDIENSCHUTZ
OHRENSCHMAUS IM UNTERGRUND
ES WAR EINMAL, ...
AMERIKA HAT GEWÄHLT
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Die Gegenwart: Herr Professor Meirieu, die Medienwirkungs-forschung unterscheidet zwischen starken und schwachen Medienwirkungen. Der Medien-philosoph Marshall McLuhan formulierte die These: „The medium is the message.“ Und unterstrich damit, dass das Medium selbst die Wirkungen bestimmt. Wie wirken Medien-angebote im Fernsehen auf Kinder und Jugendliche?

Meirieu: Es ist heute unmöglich, sich nicht anzuziehen wie im Fernsehen, nicht zu reden wie im Fernsehen, nicht zu denken wie im Fernsehen. Wie sollen denn junge Erwachsene überzeugt werden, dass es zum Beispiel wichtig ist, wählen zu gehen, wenn ihr Sozialverhalten vor allem durch das Fernsehen bestimmt wird und nicht mehr durch die Gesetze der Volksvertreter? Sowohl was den Konsum von Drogen angeht, als auch das schulische, berufliche, eheliche und soziale Verhalten. Noch schlimmer: die Fern-bedienung bestimmt zunehmend die Art, wie wir die Welt sehen. So zwingt sie uns in ein Wettrennen gegen das Dauerhafte auf. Immer schneller, immer stärker. Ansonsten wechseln wir das Programm, das Buch, den Lehrer, den Freund, die Frau, den Beruf, das Leben.

Die Gegenwart: Welche Konse-quenzen haben diese Medienwirkungen auf die Erziehung und wie werden ihrer Meinung nach Kinder und Jugendliche beeinflusst?

Meirieu: Genau dort liegt das Problem: frei ist man nicht immer. Wir erleben heute den Triumph der Stereotypen. Die „Lolita“, „der Öko“, „der junge Dynamische, der Karriere in der Werbung macht“, „die unabhängige  Mitvierzig-jährige“, oder „der engagierte  Rentner, der Reunion auf dem Fahrrad umkurvt und Télérama von A bis Z liest“... alles ist codiert. Man sagt den Jugendlichen, wie man sich anziehen soll, was man liebenswert findet und wem man gehorchen soll. Jede Gruppe hat so ihre durch Medien gut identifizierten Modelle. Und die Werbung nutzt diese wirksam als Köder. In einer Schule in so genannten „sensiblen Vororten“ ist es für einen Jungen extrem schwierig, ein guter Schüler zu sein. Unmöglich, sich für den Unterricht zu interessieren, die Hausaufgaben pünktlich abzu-geben, den Lehrer nach der Stunde um Rat zu fragen, ohne sich als „Schwuchtel“ beschimpfen zu lassen oder im Hof Opfer systematischer Hänseleien zu werden. Oder schlimmstenfalls: vollkommen ausgeschlossen zu werden. Auf gleiche Weise ist es einem Mädchen einer innerstädtischen  Schule nicht möglich, von der aktuellen Kleidungsmode abzuweichen oder sich nach ihrem Geschmack anzuziehen, ohne als „Spießerin“ bezeichnet zu werden, öffentlich stigmatisiert und von allen gemeinsamen Aktivitäten aus-geschlossen zu werden. Deshalb können wir nicht zuviel auf Einfluss- und Ausgrenzungsformen achten. Wir müssen die Kinder und Jugendliche an die Hand nehmen, die versuchen dem Druck der Norm  zu entgehen und die versuchen – frei nach Kant – selbst zu denken. Wir müssen versuchen, Möglichkeiten zu etablieren, die der „Konformität um jeden Preis“ widerstehen. Indem man andere Ausdrucksmittel bietet, unerwartete Zusammenkünfte begünstigt und indem man das Andersartige in größtmöglicher Zahl und in radikalster Weise näher bringt, wie zum Beispiel das Thema "Behinderungen".

Die Gegenwart: Nach dem Talkshow-Trend beherrschen  Reality-TV-Formate den deutschen Fernsehmarkt. Dabei geht es meist um Mutproben mit Ekel-Elementen, die Kandidaten über sich ergehen lassen müssen. Auch in Frankreich ist die Produktionsfirma Endemol aktiv. Wie beurteilen sie diese Entwicklung?

Meirieu: Tatsächlich funktioniert und agiert das Fernsehen immer mehr unter einer Käseglocke. Man weiß, dass es sich seit einiger Zeit zur Gewohnheit gemacht hat, freiwillige Personengruppen in Wohnungen, in Burgen, auf Inseln, in Schulen oder auf Bauernhöfen einzuschließen und ihr tägliches Leben den Zuschauern zum Fraß vorzuwerfen. Außerdem entwickelt es unter dem seltsamen Namen der Fernseh-Realität ein künstliches Leben, vollkommen abgekapselt von der eigentlichen Realität…. Und schließlich zwingt es seine eigenen Regeln der eigentlichen Realität auf! „Existieren“ heißt bald: „im Fernsehen kommen“. Muss man sich „wie im Fernsehen“ verhalten, um würdig zu sein, von dieser Gesellschaft wieder erkannt zu werden. Sind wir wirklich so fasziniert vom Star-Kult, dass wir uns nicht fragen, ob das Fernsehen nicht in absehbarer Zeit darin endet, nur noch sich selbst zu zeigen? Eine Fernseh-Realität, die den Narzissmus so weit treibt, bis sie sich selbst für die Realität hält. Ein Medium, das nichts mehr anderes zu zeigen hat, außer sich selbst: seine Shows, seine Liebesgeschichten, seine Macht-spiele. Andererseits wäre dies ökonomisch: es wäre nicht mehr nötig, Journalisten zu bezahlen, um Weltereignisse zu begleiten. Weil alles, was die Öffentlichkeit interessiert, sich nur noch innerhalb des Systems abspielt. Ein geschlossener Kreislauf. Das Welt-Spielzeug. Lächerlich und grandios. Vielleicht eines Tages, wenn man festgestellt hat, dass die Wirklichkeit nicht mehr gebraucht wird, könnte man auch beschließen, die Zuschauer nicht mehr zu benötigen… zum Glück!
 
Die Gegenwart: Worin besteht denn die Gefahr einer solch konstruierten Medienrealität, ge-rade im Hinblick auf Kinder und Jugendliche? Und vor allem wie kann man diesem Trend entgegenwirken?


Meirieu: Die Gesellschaft zerreißt… Alles ist eine Frage der Position geworden und seine Position muss man gewinnen und vor allem gegen andere verteidigen, gegen jene die diese Position eben auch wollen und deshalb natürliche Konkurrenten sind. Sobald man in dieser Zwangsvorstellung lebt, eine Position erobern zu müssen, wenn möglich die beste, gibt es keine Freundschaft und Solidarität mehr. Nur noch provisorische Komplizen. Und unvermeidlichen Verrat. Die Fernseh-Realität ist in dieser Hinsicht besonders kennzeichnend: man liebt sich und vernichtet sich; man weint, da man heute den Freund von gestern erdolcht hat. Aber man bereitet sich dennoch darauf vor, das gleiche wieder zu tun. Bei Shakespeare, wird man sich jetzt sagen, verhielten sich Frauen und Männer kaum anders. Und auch auf höchstem staatlichem Niveau, wie in jeder beruflichen Tätigkeit, war das Verhalten nie sonderlich glänzend. Sicher! Aber heute ist es ein Teil unseres Systems geworden.

Die Gegenwart: Wie kann man diesem Trend entgegenwirken? Gibt es Ihrer Meinung nach Maßnahmen, die diesen Effekten auf Kinder und Jugendliche entgegenwirken könnten?

Meirieu: Man sollte zumindest ein Pflichtenheft einführen und dafür sorgen, dass es respektiert wird. In Belgien ist zum Beispiel schon jede Form von Werbung während jener fünf Minuten verboten, die einer Kindersendung vorangehen oder folgen. Die Sender sind verpflichtet, eine tägliche Magazinsendung für Jugendliche zu produzieren. Man kann aber auch noch weiter gehen: indem man die systematische Unter-brechung von Filmen durch Werbung abschafft, indem man die Multiplikation von Filmvorschauen und „best-ofs“ limitiert, die das Fernsehen in eine Anreihung unartikulierter Spots verwandelt ,indem man eine, für alle offene, wirkliche Hilfe zum Aufbau von Fernsehprogrammen  unabhängig von Sponsoren einführt,  indem man eine Quote für erzieherische Sendungen und Qualitäts-programme für Jugendliche einf-ührt, indem man die morgendliche Sendetranche für Nachrichtenf-ormate reserviert und dort Zeichentricksendungen und Ko-mödien verbietet, für die die Kinder aufstehen und die ihre geistige Verfügbarkeit bei der  Ankunft in der Schule ernsthaft in Frage stellen. Die Reality-TV-Formate und Talk-Shows können einen natürlichen Tod sterben: es reicht, wenn Künstler, Politiker, Schriftsteller, kulturelle und wissenschaftliche Persönlichkeiten sich weigern, an ihnen teilzu nehmen. Da das kommerzielle Fernsehen keine andere Mittel mehr außer sich selbst hätte, würde es bald niemanden mehr interessieren.

Die Gegenwart: Herr Professor Meirieu, wir haben die ganze Zeit nur über Medien, insbesondere das Fernsehen gesprochen. Welche Aufgabe hat denn die Schule in diesem Zusammen-hang?

Meirieu: Die Schule hat hier eine historische Verantwortung, in der gleichen Weise, die ihr schon von Jules Ferry bescheinigt wurde: es handelte sich um das Erlernen der Lektüre, das Fördern des kritischen Geistes, um den Kindern zu erlauben „nicht mehr jedem alles zu glauben“ und  „für sich selbst zu denken.“ Diese Mission ist heute aktueller den je. Es wird Zeit, dass die Schule damit aufhört, das Fernsehen zu ignorieren, dass sie beginnt sich zu erlauben, offen die Methoden und Inhalte des Fernsehens zu kritisieren, sobald sich diese als Fehler, erwiesene Dummheit oder als Angriff auf die Persönlichkeitsrechte erweisen… Allgemeiner gesagt: Im gesamten sozialen Gefüge muss sich Widerstand gegen den Fernseh-einfluss bilden. Die erzieherischen Initiativen müssen die Anzahl der Einrichtungen, die sich mit der Reflexion der Medien beschäftigen, erhöhen. Sie müssen die Ent-wicklung von Video-Clubs und Amateur-Filmfestivals begünstigen, dank derer die Jugendlichen vom Status des Bild-Verbrauchers zu dem des Bild-Erschaffers würden. Sie müssten systematisch, in Zusammenarbeit mit den Schulen, alle Projekte unterstützen, die Theater, Musik und Tanz fördern.  Kurz gesagt, sie müssten den Jugendlichen helfen, sich in Projekten zu engagieren, die sie aus der Betrachtung der Bilder herausreißt. Sportliche und kulturelle Projekte aller Art, die den Blick schärfen, erlauben es, andere Befriedigungen zu finden als diejenige, die die Werbung und das Fernsehen bietet. Sie helfen auch zu entdecken, dass die Welt kein Spielzeug ist.

Die Gegenwart: Les chercheurs, qui se sont penché sur l´influence des médias font une distinction entre forts et faibles effets des médias. Le philosophe des médias Marshall McLuhan a formulait la thèse : «The medium is the message». Il soulignait, que c´est le médium lui-même qui provoque des effets forts ou faibles et non son contenu. Quels  sont pour vous les effets des médias sur les enfants et les adolescents, en particulière à la télévision?

Meirieu: Aujourd´hui, c´est impossible de ne pas s’habiller comme à la télévision, de ne pas parler comme à la télévision, de ne pas penser comme à la télévision, de ne pas agir comme le montré à la télévision. Comment les jeunes adultes seraient-ils convaincus de l’importance d’aller voter, dès lors que ce ne sont plus les lois élaborées par les représentants du peuple qui régissent les comportements de nos contemporains, mais les injonctions des animateurs de télévision ? Ce sont eux, dorénavant, qui disent ce qui est licite et ce qui ne l’est pas, aussi bien en matière d’usage de drogue, de comportement scolaire, professionnel, conjugal ou social. Plus grave encore, la télévision commande notre manière même de voir le monde. Elle engage une sorte de course-poursuite contre la durée. Toujours plus vite. Toujours plus fort. Sinon, on change de chaîne, de livre, de professeur, de compagnon, de femme, de profession, de vie…

Die Gegenwart: Quelles con-séquences ont ces effets des médias sur l'éducation et à votre avis comment les enfants et les jeunes sont-ils influencés?

Meirieu: Mais c’est bien là le problème, justement : libre, on ne l’est pas toujours. Car nous vivons aujourd’hui le triomphe des archétypes. La “ lolita ”, l’ “ écologiste intégriste ” ou le “ jeune cadre dynamique qui fait carrière dans la publicité ”, la “ femme de quarante ans libérée ” ou le “ retraité engagé qui fait le tour de l’île de Ré en vélo et lit Télérama de A à Z ”… tout est codé. On vous dit comment vous devez vous habiller, qui vous devez admirer et à qui vous devez obéir. Chaque groupe a, ainsi, ses modèles, bien identifiés par les médias et la publicité qui les utilisent efficacement comme appâts. Dans un collège de “ banlieue sensible ”, il est extrêmement difficile, pour un garçon, d’apparaître comme un bon élève. Impossible de s’intéresser au cours, de rendre ses devoirs à l’heure, a fortiori d’aller demander un renseignement au professeur à la fin du cours sans se faire traiter de “ pédé ” ou de “ gonzesse ”, sans faire l’objet d’un ostracisme systématique dans la cour et, dans les pires des cas, de persécution à la sortie. De la même manière, dans un collège huppé de centre ville, ce n’est pas possible, pour une fille, de se tenir à l’écart de la dernière mode vestimentaire et de ne pas exhiber osten-siblement sa liberté sexuelle, sans être considérée comme “ coincée ”, traitée de “ petite fille à sa maman ”, stigmatisée publiquement et écartée de toute activité collective. C’est pourquoi nous ne saurions trop être attentifs à toutes les formes d’emprise et d’ostracisme. Nous ne saurions trop tendre la main aux enfants et adolescents qui cherchent à échapper à la pression à la norme et tentent, selon la belle formule de Kant définissant Les Lumières, de “ penser par eux-mêmes ”. Nous ne saurions trop mettre en place des possibilités de résister à la conformité à tout prix : en proposant des moyens d’ex-pression différents, en favorisant des rencontres improbables, en faisant côtoyer au plus grand nombre l’altérité sous ses formes les plus radicales, comme le handicap.

Die Gegenwart: A ce moment il y a une tendance au concept télé réalité en Allemagne. Il s´agit souvent des émissions, dans lesquelles les candidats doivent supporter des examens dégoûtants. Endemol diffuse et produit aussi de concepts en France. Que pensez-vous de ce développement?

Meirieu : Décidément la télévision fonctionne de plus en plus en vase clos… On sait qu’elle a pris l’habitude, depuis quelque temps, d’enfermer des groupes de personnes volontaires dans un appartement, un château, une île, une école ou une ferme, et de donner leur vie quotidienne en pâture aux téléspectateurs. Elle développe ainsi, sous le nom étrange de télé-réalité, une forme de vie virtuelle, précisément déconnectée de toute réalité. Elle réduit ainsi notre univers aux limites d’un studio de télévision qui se donne pour la réalité elle-même… Et finit par imposer ses propres règles à la réalité elle-même! Puisque exister c’est
"passer à la télé", il faut se comporter "comme à la télé" pour être digne d’être reconnu en ce bas monde! Ainsi sommes-nous tant fascinés par le star-système qu’on se demande si la télévision ne finira pas, assez vite, par ne plus se montrer qu’elle-même. Une gigantesque télé-réalité sans réalité, en quelque sorte. Une télé-réalité qui pousserait le narcissisme jusqu’à se prendre elle-même pour la réalité. Un média sans rien d’autre à montrer que lui-même : ses vedettes, ses performances, ses histoires de cœur, ses jeux de pouvoir… A terme, d’ailleurs, cela ferait des économies: plus besoin d’envoyer des journalistes voir dehors ce qui se passe. Puisque ce qui intéresse le public, c’est justement, ce qui se passe dedans. Le monde en circuit fermé. Le monde-jouet. Dérisoire et grandiose. Au point peut-être qu’un jour, après avoir décrété n’avoir plus besoin du réel, on pourrait bien décréter n’avoir plus besoin de téléspectateurs… Pour notre plus grand bonheur!

Die Gegenwart: En quoi consiste justement le danger d´une telle télé-réalité surtout pour les en-fants et les adolescents?

Meirieu: Les sociétés se déchirent… C’est que tout est devenu “ affaire de place ” et que sa place, il faut la gagner et la gagner contre les autres, ceux qui, eux aussi, veulent l’avoir et sont donc, tout naturellement, des concurrents, voire des ennemis. Dès lors qu’on vit dans cette obsession d’avoir une place et, si possible, la meilleure place, solidarité ou amitié n’ont plus possible. Seulement des com-plicités provisoires. Et des trahisons inévitables. La télé-réalité est, à cet égard, particulièrement caricaturale et révélatrice: on s’aime et on s’élimine; on pleure d’avoir à poignarder aujourd’hui l’ami d’hier, mais on ne s’en prépare pas moins à en supprimer un autre demain. Mais, chez Shakespeare, dira-t-on, les hommes et les femmes ne se comportaient guère mieux. Et, au plus haut niveau de l’État, comme dans toute activité pro-fessionnelle, les comportements humains n’ont jamais été bien reluisants. Certes! Mais, là encore, c’est devenu aujourd’hui affaire de système.

Die Gegenwart: Et comment peut-on contrarier cette tendance ?   Quelles mesures existent?

Meirieu: Il faut qu’on mette au point, au moins, un solide cahier des charges et qu’on le fasse respecter. Déjà, en Belgique par exemple, la publicité sous toutes ses formes est interdite pendant les cinq minutes qui précèdent et qui suivent toutes les émissions pour enfants ; les chaînes sont obligées de produire un journal télévisé quotidien à destination de la jeunesse. Mais on peut aller plus loin : qu’on supprime systématiquement les coupures publicitaires en cours de films et d’émissions, qu’on limite la multiplication à l’infini des bandes-annonces et des best off qui transforment la télévision en une série de spots désarticulés, qu’on mette en place une véritable aide à la création télévisuelle ouverte à tous et indépendante des sponsors, qu’on impose un quota d’émissions éducatives et de programmes de qualité pour la jeunesse, qu’on réglemente la tranche horaire du matin, en la réservant à l’actualité et en interdisant les dessins animés et émissions de variétés que les enfants se lèvent pour regarder, ce qui compromet gravement leur disponibilité d’esprit à l’arrivée à l’école… Pour le reste, qu’on laisse les émissions de télé-réalité et les talk shows débiles mourir progressivement de mort naturelle : il suffit que les artistes, les hommes politiques, les écrivains, les personnalités de la culture et de la science refusent d’y participer et de les cautionner. A force de n’avoir aucune autre matière qu’elle-même et de filmer en rond sa propre histoire, la télévision commerciale finira bien par n’intéresser plus personne.

Die Gegenwart: Monsieur Meirieu, nous avons parlé tout le temps que des médias, en particulier de la télévision. Quelle tâche a donc, justement face à la situation du développement dans les médias, l'école aujourd'hui?

Meirieu: L’École a, ici, une responsabilité historique du même ordre que celle que lui avait assignée Jules Ferry : il s’agissait, par l’apprentissage de la lecture, de forger l’esprit critique afin de permettre aux enfants de “ ne plus croire quiconque sur parole“   et d’apprendre à “ penser par soi-même ”. Cette mission est plus que jamais actuelle: il est temps que l’école cesse d’ignorer hypocritement la télévision, qu’elle s’autorise à en critiquer ouvertement les méthodes et les contenus, dès lors qu’ils relèvent de l’approximation, de l’erreur, de la bêtise avérée ou de l’atteinte aux droits de la personne… Plus généralement encore, c’est dans tout le corps social que doit se développer la résistance à l’emprise télévisuelle : que les plates-formes d’initiatives éducatives multiplient les ateliers de réflexion sur les médias, qu’elles favorisent le développement de clubs de vidéo et de festivals de cinéma amateur grâce auxquels les jeunes pourront passer du statut de consommateurs d’images à celui de fabricants d’images. Qu’elles soutiennent systématiquement, en relation avec les écoles collèges et lycées, tous les projets impliquant du théâtre, de la musique, du cirque, de la danse. Bref, qu’elles aident les jeunes à s’engager dans des projets qui les arrachent à la sidération de l’image. Projets sportifs et culturels de toutes sortes, qui aiguisent le regard, permettent d’éprouver d’autres satisfactions que celles que promeuvent la publicité et la télévision. Et de découvrir aussi que le monde n’est pas un
jouet.


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